29. November 2022

Behandlung von Patienten mit HIV, HBV oder HCV

Bei der Behandlung von Patienten mit den genannten Infektionskrankheiten besteht für das Behandlungsteam ein Infektionsrisiko, wenn die Krankheitserreger in ausreichender Menge, beispielsweise durch Verletzungen mit kontaminierten Medizinprodukten wie Kanülen oder Scalern, in den Körper gelangen oder durch Blutspritzer mit offenen Wunden oder Schleimhäuten in Berührung kommen.

Viele Patienten wissen nichts von ihren Infektionskrankheiten. Patienten mit diagnostizierten Infektionen werden in der Regel therapiert, wodurch die Infektionsgefahr geringer ist als bei unbehandelten Patienten; dennoch teilen manche dieser Patienten den behandelnden Zahnarztpraxen die Infektionskrankheit nicht mit, weil sie negative Erfahrungen wie Ausgrenzung oder Ablehnung gemacht haben.

Es besteht eine generelle Behandlungspflicht dieser Patienten. Die Versorgung von infizierten Patienten darf angesichts des heutigen Hygienestandards einer Zahnarztpraxis nicht als unzumutbar abgelehnt werden; so kann beispielsweise eine Infektion des Behandlungsteams durch geeignete Schutz- und Hygienemaßnahmen ausgeschlossen werden. Merke: Alle Patientinnen und Patienten so behandeln, als ob sie infektiös wären.

Zu den Standardmaßnahmen der Basishygiene gehören:

  • Anamnese
    Vor der Behandlung sorgfältig und differenziert durchführen, um infektionsrelevante Risiken zu erfassen und abzuschätzen.
  • Händehygiene
    • sichtbar saubere Hände und Fingernägel; kurze, mit der Fingerkuppe abschließende Fingernägel ohne Nagellack, keine künstlichen Fingernägel
    • keine Ringe, Uhren, Piercings oder andere Schmuckgegenstände an Händen und Unterarmen
    • hygienische Händedesinfektion mit alkoholbasiertem, begrenzt viruzidem (wirksam gegen behüllte Viren) Händedesinfektionsmittel mit Nachweis der Wirksamkeit, VAH-Zertifizierung1 zur Händedesinfektion
  • Persönliche Schutzausrichtung
    Nicht-sterile Einmalhandschuhe, Mund-Nasen-Schutz, Schutzbrille/-schild, ggf. Schutzkittel, wenn mit Verspritzen oder Versprühen von Blut, Sekreten oder Exkreten zu rechnen ist.
  • Sachgerechte Aufbereitung
    Reinigung, Desinfektion und ggf. Sterilisation der bei der Behandlung eingesetzten Medizinprodukte gemäß Einstufung in die Risikoklassen (unkritisch, semikritisch A/B und kritisch A/B) nach KRINKO2-Empfehlung und entsprechender Umsetzung im Hygieneplan.
  • Flächendesinfektion
    Desinfektion der Oberflächen in der Patientenumgebung nach der Behandlung mit begrenzt viruzidem (wirksam gegen behüllte Viren) Flächendesinfektionsmittel mit Nachweis der Wirksamkeit, VAH-Zertifizierung1 zur Flächendesinfektion.
  • Entsorgung von Abfällen
    • kontaminierte Abfälle aus der Behandlung über den Hausmüll entsorgen
    • gebrauchte spitze und scharfe medizinische Instrumente (Nadeln, Kanülen, etc.) unmittelbar nach Gebrauch durch den Anwender in Abfallbehältnissen sammeln

Als grundsätzlich „nicht erforderlich“ werden folgende Maßnahmen eingestuft:

  • Behandlung nur am Ende der Sprechzeit / des Behandlungstages
  • Behandlung in einem eigenen Behandlungsraum
  • Tragen von zwei Paar Handschuhen bei Routineeingriffen
  • Desinfektion aller Flächen im Behandlungsraum oder Wartezimmer
  • Gesonderte Aufbereitung der bei der Behandlung eingesetzten Medizinprodukte

Wir empfehlen einen verantwortungsvollen und sensiblen Umgang mit den Informationen über Patienten. Nur wer als Patient sicher vor Ausgrenzung oder Ablehnung ist, wird den Anamnesebogen wahrheitsgetreu beantworten.

Weitere Hinweise gibt der Hygieneleitfaden des Deutschen Arbeitskreises für Hygiene in der Zahnmedizin (DAHZ-Hygieneleitfaden) sowie die Broschüre „Keine Angst vor HIV, HBV und HCV!“, die gemeinsam von der Deutschen Aidshilfe e. V. und der Bundeszahnärztekammer herausgegeben wurde. Die Broschüre wurde
bereits an alle Praxen verschickt und ist auf der Website der Zahnärztekammer unter diesem Link abrufbar.


1 VAH (Verbund für Angewandte Hygiene e. V.)
2 KRINKO (Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut)

Bei Fragen:

Dipl.-Biol. Rosemarie Griebel
Tel.: 0431 260926-92
E-Mail: griebel@zaek-sh.de