Barrierefreies Bauen – Anforderungen an die Zahnarztpraxis
Die Zahnärztekammer Schleswig-Holstein ist der Frage nachgegangen, ob die Eigenschaft der Barrierefreiheit in den Praxisräumen umgesetzt werden muss oder ob ein Bestandsschutz geltend gemacht werden kann. Diese Frage stellt sich häufig bei einer Praxisübernahme durch eine andere Praxisbetreiberin bzw. einen anderen Praxisbetreiber.
Nach Prüfung der Rechtsgrundlage ist die Zahnärztekammer zu folgender Beurteilung gekommen:
In § 50 der Landesbauordnung für das Land Schleswig-Holstein (LBO) findet sich die Regelung „Barrierefreies Bauen“. In Absatz 2 heißt es wörtlich:
„Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein. Dies gilt insbesondere für
1. Einrichtungen der Kultur und des Bildungswesens,
2. Sport- und Freizeitstätten,
3. Einrichtungen des Gesundheitswesens,
4. Büro-, Verwaltungs- und Gerichtsgebäude,
5. Verkaufs-, Gast- und Beherbergungsstätten,
6. Stellplätze, Garagen und Toilettenanlagen.
Für die der zweckentsprechenden Nutzung dienenden Räume und Anlagen genügt es, wenn sie in dem erforderlichen Umfang barrierefrei sind. Toilettenräume und notwendige Stellplätze für Besucherinnen oder Besucher und Benutzerinnen oder Benutzer müssen in der erforderlichen Anzahl barrierefrei sein.“
(Hervorhebung nicht im Original)
Eine Zahnarztpraxis ist als eine „Einrichtung des Gesundheitswesens“ zu qualifizieren und muss daher – wie oben dargestellt – grundsätzlich barrierefrei sein.
Hierbei ist jedoch § 3 der LBO, der die „Allgemeinen Anforderungen“ regelt, zu beachten. In Absatz 1 heißt es wörtlich:
„Bei der Planung, Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen und der Gestaltung von Grundstücken ist auf den Schutz der natürlichen Grundlagen des Lebens sowie auf die besonderen Belange von Familien mit Kindern, von alten Menschen sowie Menschen mit Behinderung durch den Grundsatz barrierefreien Bauens Rücksicht zu nehmen.“
(Hervorhebung nicht im Original)
Die Barrierefreiheit ist also dann zu beachten, wenn eine Praxis neu geplant und errichtet wird. Die Barrierefreiheit ist auch zu beachten, wenn eine bestehende Praxis geändert oder eine Nutzungsänderung vorliegt – sprich etwa aus einer bestehenden Wohnung eine Praxis wird.
Daraus folgt:
- Eine bestehende, nicht barrierefreie Praxis unterfällt dem Bestandsschutz und muss daher nicht barrierefrei sein/werden.
- Wird beispielsweise eine bestehende, nicht barrierefreie Praxis verkauft und wird sie ohne Änderungen weiter betrieben, muss das Kriterium der Barrierefreiheit nicht beachtet werden, da eine solche Praxis dann weiterhin dem Bestandsschutz unterfällt.
- Wird eine bestehende Praxis geändert, kann sicherlich im Einzelfall fraglich sein, was unter der Änderung einer baulichen Anlage zu verstehen ist – nach unseren Recherchen muss die Änderung jedenfalls wesentlich sein, um den Bestandsschutz entfallen zu lassen (z. B. Kernsanierung einer baulichen Anlage).
Für die Klärung der Frage nach dem Bestandsschutz von Einrichtungen ist in jedem Fall eine Einzelfall-Beurteilung erforderlich. Bei Fragen könnten Sie sich ggf. mit dem zuständigen Bauordnungsamt in Verbindung setzen.
Weitere Informationen sowie die Adressen der Bauaufsichtsbehörden finden Sie auch über dem folgenden Link: Bauordnungsrecht Schleswig-Holstein
Bei Fragen:
Dipl.-Biol. Rosemarie Griebel
Qualitätsmanagement
Tel.: 0431 260926-92
griebel@zaek-sh.de
Christopher Kamps
Juristischer Geschäftsführer
Tel.: 0431 260926-14
kamps@zaek-sh.de