19. Oktober 2023

Ungelernte Kräfte / Quereinsteiger in der Zahnarztpraxis:
Was bei einer Anstellung zu beachten ist!

Aufgrund des aktuellen Mangels an ausgebildeten Fachkräften (Zahnmedizinische Fachangestellte) stellt sich für Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber zunehmend die Frage, ob dieser Mangel durch ungelernte Kräfte bzw. Quereinsteiger behebbar wäre.

Als „ungelernte Kräfte“ sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verstehen, die keine Ausbildung in einem medizinischen Beruf absolviert haben. „Quereinsteiger“ sind in diesem Zusammenhang Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eine Ausbildung in einem anderen medizinischen Beruf (nicht ZFA) abgeschlossen haben.

Eine ZFA und eine Quereinsteigerin in einer Zahnarztpraxis
Ungelernte Kräfte und Quereinsteiger können bestimmte Aufgaben von ZFA übernehmen, aber längst nicht alle. © Image Source RF/stock.adobe.com

Bei der Mitarbeit dieser Personengruppe in der Zahnarztpraxis ist zunächst die Berufsordnung der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein zu beachten. Hiernach darf eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt Praxismitarbeitende nur für Aufgaben einsetzen, für die sie ausreichend qualifiziert sind. Bei der Delegation von Tätigkeiten ist der Rahmen des § 1 Absatz 5 und 6 Zahnheilkundegesetz zu beachten (§ 18 Abs. 2 der Berufsordnung).

Weiterhin ist die Zahnärztin oder der Zahnarzt dafür verantwortlich, dass die Praxismitarbeitenden an der Patientin oder dem Patienten nur unter ihrer oder seiner Aufsicht und Anleitung tätig werden (§ 18 Abs. 3 der Berufsordnung).

Ungelernte Kräfte bzw. Quereinsteiger dürfen bestimmte Tätigkeiten in der Zahnarztpraxis übernehmen, andere Tätigkeiten hingegen nicht. Im Einzelnen:

I. Einsatzbereich für ungelernte Kräfte / Quereinsteiger

Ungelernte Kräfte bzw. Quereinsteiger können nach einer Einweisung folgende Tätigkeiten ausüben:

1. Praxisverwaltung / administrativer Bereich

  • Empfang von Patienten
  • Terminvergabe
  • Telefondienst
  • Eingabe von Patientendaten
  • Abrechnung
  • Bearbeitung des Qualitätsmanagements

2. Behandlungsassistenz

  • Vor- und Nachbereiten des Behandlungszimmers
    Unter „Nachbereiten“ ist der Transport der benutzten Medizinprodukte vom Behandlungs- in den Aufbereitungsraum bzw. -bereich und die Entsorgung von Abfällen, die bei der Behandlung erzeugt wurden, zu verstehen.
    Für die weiteren Aufbereitungsschritte ist die entsprechende Sachkenntnis erforderlich (siehe Ziffer II. 2).
  • Assistenztätigkeiten während der Behandlung durch einen Zahnarzt

3. Praxislabor

  • Kleinere Laborarbeiten (z. B. Ausgießen von Modellen, Anfertigung von Bissschablonen)

II. Kein Einsatzbereich für ungelernte Kräfte / Quereinsteiger

Ungelernte Kräfte bzw. Quereinsteiger dürfen folgende Tätigkeiten nicht ausüben:

1. Delegationsfähige Leistungen gemäß § 1 Abs. 5 und 6 Zahnheilkundegesetz
Mitarbeiter ohne ZFA-Ausbildung dürfen keine Tätigkeiten gemäß § 1 Abs. 5 und 6 des Zahnheilkundegesetzes übernehmen, da Voraussetzung für diese Tätigkeiten eine abgeschlossene Berufsausbildung zur ZFA ist.

a) Insbesondere1 folgende Tätigkeiten sind nicht erlaubt:

  • Herstellung von Röntgenaufnahmen
    (Bitte Besonderheiten gemäß II. 1. c) beachten.)
  • Entfernung von weichen und harten sowie klinisch erreichbaren subgingivalen Belägen, Füllungspolituren
  • Legen und Entfernen provisorischer Verschlüsse, Herstellung provisorischer Kronen und Brücken
  • Herstellung von Situationsabdrücken
  • Trockenlegen des Arbeitsfeldes relativ und absolut
  • Erklärung der Ursache von Karies und Parodontopathien
  • Hinweise zu zahngesunder Ernährung
  • Hinweise zu häuslichen Fluoridierungsmaßnahmen
  • Motivation zu zweckmäßiger Mundhygiene
  • Demonstration und praktische Übungen zur Mundhygiene
  • Remotivation
  • Einfärben der Zähne
  • Erstellen von Plaque-Indizes
  • Erstellung von Blutungs-Indizes
  • Kariesrisikobestimmung
  • lokale Fluoridierung z. B. mit Lack oder Gel
  • Versiegelung von kariesfreien Fissuren.

b) In der Kieferorthopädie sind insbesondere2 folgende Tätigkeiten nicht erlaubt:

  • Ausligieren von Bögen
  • Einligieren von Bögen im ausgeformten Zahnbogen
  • Auswahl und Anprobe von Bändern an Patienten
  • Entfernen von Kunststoffresten und Zahnpolitur auch mit rotierenden Instrumenten nach Bracketentfernung durch den Zahnarzt.

c) Röntgenaufnahmen
In der Strahlenschutzverordnung (§ 145 Abs. 2 Ziffer 5) ist geregelt, dass die technische Durchführung von Röntgenaufnahmen auch von Personen vorgenommen werden, die eine sonstige medizinische Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, wenn sie unter ständiger Aufsicht und Verantwortung einer Zahnärztin oder eines Zahnarztes tätig sind und die erforderlichen Kenntnisse im Strahlenschutz besitzen.

Dies kann z. B. für MFA, Medizinische Technologin / Medizinischer Technologe (ehemals MTA), Pflegefachfrau / Pflegefachmann oder Rettungssanitäterin / Rettungssanitäter zutreffen, wenn sie einen 90-Stundenkurs3 zum Erwerb der Kenntnisse absolviert und diese spätestens alle 5 Jahre aktualisiert haben.

2. Aufbereitung von Medizinprodukten
Ungelernte Kräfte bzw. Quereinsteiger dürfen keine Medizinprodukte aufbereiten (und freigeben), da es ihnen an entsprechender Sachkenntnis fehlt. Unter die Medizinprodukteaufbereitung fallen insbesondere folgende Tätigkeiten:

  • Risikobewertung
  • Reinigung, Desinfektion, Spülung und Trocknung
  • Prüfung auf Sauberkeit und Unversehrtheit
  • Pflege und Instandsetzung
  • Funktionsprüfung
  • Kennzeichnung
  • Verpackung und Sterilisation
  • dokumentierte Freigabe der Medizinprodukte zur Anwendung / Lagerung

Eine Aufbereitung (und Freigabe) von Medizinprodukten ist erst dann möglich, wenn eine fachspezifische Fortbildung, z. B. in Anlehnung an die Fachkunde-Lehrgänge gemäß den Qualifizierungsrichtlinien der Deutschen Gesellschaft für Sterilgutversorgung e.V. (DGSV) oder durch Fortbildungsangebote der Heilberufekammern, erfolgreich durchlaufen wurde (z. B. Fachkundelehrgang I der DGSV e. V. zur Technischen Sterilisationsassistentin / zum Technischen Sterilisationsassistenten).

Die Zahnärztekammer Schleswig-Holstein ist derzeit darum bemüht, ein entsprechendes Fortbildungsangebot alsbald anbieten zu können. Dies setzt die Zustimmung des Landesamtes für soziale Dienste voraus, welches für die Medizinprodukteüberwachung in Zahnarztpraxen zuständig ist und die Sachkunde von mit der Aufbereitung von Medizinprodukten betrauten Personen überprüft.

Für Quereinsteiger einer Zahnarztpraxis, die eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung in einem Medizinalfachberuf vorweisen können, wie z. B.

  • MFA
  • Medizinische Technologin / Medizinischer Technologe (ehemals MTA)
  • TFA
  • Rettungssanitäterin / Rettungssanitäter
  • Pflegefachfrau / Pflegefachmann

ist die Zahnärztekammer aktuell um Klärung bemüht, ob es für Angehörige dieser Berufe zum Nachweis einer entsprechenden Sachkenntnis genügt, wenn sie den von der Ärztekammer Schleswig-Holstein angebotenen 40-stündigen Kurs „Sachkunde nach MPBetreibVO absolvieren würden (und nicht zwingend den von der DGSV angebotenen umfangreicheren Fachkundelehrgang I der DGSV e. V. zur Technischen Sterilisationsassistentin / zum Technischen Sterilisationsassistenten (vgl. oben).

Diese Seite wird regelmäßig aktualisiert. Bitte besuchen Sie die Seite erneut.

1 Also keine abschließende Auflistung.
2 Also keine abschließende Auflistung.
3 Anhang 8 der „Richtlinie Fachkunde und Kenntnisse im Strahlenschutz bei dem Betrieb von Röntgeneinrichtungen in der Medizin oder Zahnmedizin vom 22. Dezember 2005, geändert durch Rundschreiben vom 27.06.2012“


Bei Fragen:

Andreas Noffke
Praxispersonal
Tel.: 0431 260926-60
noffke@zaek-sh.de

Dipl.-Biol. Rosemarie Griebel
Qualitätsmanagement
Tel.: 0431 260926-92
griebel@zaek-sh.de

Christopher Kamps
Juristischer Geschäftsführer
Tel.: 0431 260926-14
kamps@zaek-sh.de