1. Dezember 2022

Deutschlands größte Zahnärzte-Fortbildung erstmals in Präsenz wie auch virtuell:

„Zahnmedizin trifft Medizin“ bei der 64. Sylter Woche

Vor zwei Jahren musste sie aufgrund der Pandemie komplett entfallen, im Vorjahr war sie nur virtuell präsent: Dass die Fortbildungstagung Sylter Woche der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein diesmal wieder vor gefüllten Reihen im Westerländer Congress Centrum stattfinden kann, freut Kammerpräsident Dr. Michael Brandt und Tagungsleiter Dr. Andreas Sporbeck umso mehr. In diesem Jahr setzt man dabei erstmals auf das Hybrid-Modell: Während 552 Zahnärztinnen und Zahnärzte nebst Ehrengästen sowie 108 Praxiskräfte vor Ort waren, verfolgten 276 Teilnehmer die 64. Sylter Woche online. Neben den Anwesenden aus dem
gesamten Bundesgebiet fanden sich in Westerland auch Teilnehmer aus Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz und Österreich sowie sogar aus Finnland, Italien und Spanien ein.

Zum ersten Mal seit zwei Jahren kann die Sylter Woche zumindest teilweise wieder in Präsenz stattfinden.

Für Dr. Brandt war es bei der Tagungseröffnung eine besondere Freude, eine ganze Reihe hochrangiger Gäste namentlich zu begrüßen, so den Präsidenten der
Bundeszahnärztekammer Prof. Dr. Christoph Benz, Harald Schrader als Bundesvorsitzender des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte, Repräsentanten anderer LandesZahnärztekammern und Verbände sowie gleichsam als Gastgeber den Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Nikolas Häckel. Einen besonderen Dank richtete der Kammerpräsident an Tagungsleiter Dr. Andreas Sporbeck und das Organisationsteam.

Ich freue mich, bei dieser Tagung dabei zu sein, die einen Leuchtturm für die Fortbildung in Deutschland darstellt“, würdigte Benz in seiner Ansprache die Sylter Woche, die diesmal unter dem Leitmotiv „Zahnmedizin trifft Medizin“ steht. Er berichtete von seinem kürzlichen Besuch des Deutschen Ärztetages in Bremen: „Bei der Ärzteschaft ist erfreulicherweise eine Zeitenwende hinsichtlich des Auftretens von Fremdkapitalgebern wie zum Beispiel PrivateEquity-Fonds eingetreten. Diese Thematik wird inzwischen deutlich kritischer betrachtet.

Benz betonte zudem, dass man kleine Praxen zumal in ländlichen Gebieten nicht diffamieren dürfe. Im Gegenteil: Man solle jüngere Kolleginnen und Kollegen motivieren, solche Praxen zu übernehmen. Und an „die älteren Kolleginnen und Kollegen“ richtete der Redner mit Blick auf Fremdkapitalgeber den Appell: „Man sollte sich gut überlegen, an wen man seine Patienten und sein Lebenswerk weitergeben will.

Der Patient muss der Souverän über seine Daten bleiben“, betonte Harald Schrader in seiner Ansprache in Bezug auf das Digitale Versorgungsgesetz.

Bürgermeister Nikolas Häckel war die Freude bei der Begrüßung des Auditoriums sichtlich anzumerken: „Dieses Bild eines gut besetzten Saals ist wirklich erfreulich. Wir haben Sie vermisst.“ Häckel berichtete den Anwesenden von den jüngsten Neuerungen in der Inselmetropole – angefangen von der Entfernung der ausgedienten Buhnen und Tetrapoden zum Küstenschutz über die Einrichtung von gleichberechtigten Begegnungszonen zwischen Autos, Radfahrern und Fußgängern in Westerland bis hin zur Mitteilung, dass der Stauraum an der Autozugverladung vergrößert worden sei.

Der Bürgermeister dankte der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein, die bei jeder Sylter Woche den Fonds „Sylter Familien in Not“ auffülle. „Das war gerade in der Pandemie-Zeit eine große Unterstützung.“ Dass Dr. Brandt auch diesmal eine stattliche Spende im Rahmen des Charity-Turniers „Dental Golf-Cup“ in Aussicht stellte, freute Häckel umso mehr.

Für wenig Freude sorgt hingegen der bereits angesprochene Aufkauf von Zahnarztpraxen durch Fremdkapitalgeber. Dieser Entwicklung räumte der Präsident in seiner Ansprache den Schwerpunkt ein. Er zitierte eingangs den nordrhein-westfälischen Gesundheitsminister Karl Josef Laumann: „Ich sage ganz offen, dass ich der Entwicklung, dass immer mehr Medizinische Versorgungszentren in der Trägerschaft von Kapitalgesellschaften gebildet werden, ablehnend gegenüberstehe. Doch wenn wir so weitermachen, wird die Freiberuflichkeit im niedergelassenen Bereich schlicht und ergreifend zu Ende gehen. Aber wollen wir das? Ich für meine Person ziehe ein Gesundheitssystem im niedergelassenen Bereich vor, in dem die Freiberuflichkeit die Regel und nicht die Ausnahme ist. Damit sind wir über Generationen gut gefahren.

Aussagen, die für Brandt „eine klare Botschaft senden und aus dem Herzen sprechen“. Doch leider sei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach „auf diesem Ohr bislang taub“. Mit Nachdruck betonte der Kammerpräsident: „Für die Gesundheit unserer Patientinnen und Patienten ist es wichtig, dass die ärztliche Therapie auch in Zukunft von kommerziellen Interessen unbeeinflusst bleibt, dass Hilfe und Zuwendung zählen! Jeder soll unabhängig von sozialem Status, Alter oder Einkommen einen niedrigschwelligen Zugang zu Gesundheitsleistungen haben. So haben wir es in der Interessengemeinschaft der Heilberufe hier in Schleswig-Holstein als Leitbild definiert. Bei kommerziellen Investoren ist dies anders. Hier ist eine maximale Rendite das Ziel.

Doch auch anderweitige Probleme beschäftigen den Berufsstand: „Der allgemeine Mangel an Fachkräften, der in allen Berufsgruppen zunimmt, schlägt sich auch auf unsere Assistenz nieder“, berichtete Dr. Brandt und weiter: „Die kurzfristig gezahlte Hygienepauschale wurde wieder eingestellt. Doch für uns verbietet es sich, an der Hygiene zu sparen. Was bleibt, ist ein Punktwert von elf Pfennigen respektive 5,6 Cent – seit 1988!“ Der Kammerpräsident dazu in aller Deutlichkeit unter dem Applaus des Auditoriums: „Das ist ein Skandal, Herr Bundesgesundheitsminister. Folgen Sie Ihrem Amtseid und nehmen Sie Ihr Amt wahr, anstatt durch Talkshows zu tingeln!

Mit Blick auf das Tagungsthema „Zahnmedizin trifft Medizin“ verdeutlichte Dr. Brandt, dass „wir – insbesondere bei Risikopatienten – stets interdisziplinär denken und handeln“. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Präventions-Ausschusses der Bundesärztekammer sehe er es als besondere Aufgabe, „hier auch bei den Ärzten den Blick zu schärfen“. So stünde man etwa mit der Deutschen Gesellschaft für Diabetes in intensivem Kontakt, um Synergien aufzubauen. „Es ist mein Ziel, im Diabetes-Pass einen Verweis auf zahnärztliche Untersuchungen zu implementieren.

Traditionell rundete ein fachfremder Vortrag die Eröffnung der Sylter Woche ab. Für diesen konnte Prof. Dr. Sebastian Wolf von der Abteilung Astrophysik der Universität Kiel gewonnen werden. Er widmete sich in seinem informativen Referat der existenziellen Frage „Woher kommen wir?“


Für weitere Informationen:

Dr. Claudia Stange
Vorstand Öffentlichkeitsarbeit
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